Hummeln und Tomaten

Bom­bus und Sola­num lycopersicum

Dass es uns jetzt end­lich, nach vie­len Fehl­ver­su­chen, die uns über den Rand der Ver­zweif­lung trie­ben, gelun­gen ist, Toma­ten zu zie­hen, haben wir ja schon berich­tet. Und auch die fas­zi­nie­ren­de Hum­mel war schon The­ma eines Posts. Und sicher weiß auch jeder Gärt­ner, dass Toma­ten nicht gera­de ein­fa­che Pflan­zen sind. Loret­ta und ich kön­nen davon schon meh­re­re Lie­der singen.

Was aber haben Hum­meln spe­zi­ell mit Toma­ten zu tun? War­um sind Hum­meln wich­tig, wenn man eine wirk­lich sehr gute Toma­ten­ern­te haben möchte?

Bild von Sabi­ne auf Pix­a­bay

Gewächshaustomaten

Toma­ten gehö­ren zu jenen Feld­früch­te, die man nicht ein­fach so bestäu­ben kann, nein, es muss eine Vibra­ti­ons­be­stäu­bung sein. Die Blü­te muss in rasche Schwin­gun­gen ver­setzt wer­den, sonst geht es nicht. Als wäre die Toma­te nicht schon zickig genug. 

Bis in die spä­ten 80er des letz­ten Jahr­hun­derts bestäub­ten Men­schen die Gewächs­hau­sto­ma­ten. Sie lie­fen mehr­mals pro Woche mit vibrie­ren­den Stä­ben durch die Gewächs­häu­ser und berühr­ten damit jede Blü­te ein­zeln. Die­se Metho­de war nicht nur kosten­in­ten­siv son­dern auch noch nicht beson­ders effektiv.

Doktor Roland De Jonghe

war ein bel­gi­sche Humel­lieb­ha­ber und Vete­ri­när, der 1985 ent­deck­te, dass Toma­ten in Gewächs­häu­sern viel bes­ser bestäubt wer­den, wenn man ein­fach ein Hum­mel­nest in ihnen plat­ziert und die Hum­mel ein­fach machen lässt. Denn Hum­meln haben die Bestäu­bung von Blü­ten ein­fach viel bes­ser drauf als irgend­je­mand, der mit einem vibrie­ren­den Stäb­chen her­um­läuft und mög­li­cher­wei­se kei­nen wirk­li­chen Sinn in sei­ner Tätig­keit erken­nen kann. Hum­meln hin­ge­gen sind da ganz in ihrem Element.

Aber wie machen sie das? 

Viel­leicht kann man die Blü­te der Toma­ten­pflan­ze am ehe­sten mit einem umge­dreh­ten Pfef­fer- oder Salz­streu­er ver­glei­chen. Die Pol­len wol­len her­aus­ge­schüt­telt wer­den, und das beherrscht die Hum­mel meisterhaft.

Sie umklam­mert die Staub­beu­tel mit Hil­fe ihrer Man­di­beln, und fängt dann hef­tig an zu vibrie­ren. Die Vibra­ti­on erzeugt die pum­me­li­ge Pelz­bie­ne übri­gens mit ihrem Flug­mus­kel. Gleich­zei­tig fängt sie den Pol­len, den sie so her­aus­schüt­telt, auf. 

Mandibel eines Grashüpfers.

Unter Man­di­beln ver­steht man die Mund­werk­zeu­ge ver­schie­de­ner Insek­ten. Hier die Man­di­bel eines Grashüpfers.

Hum­meln bestäu­ben mitt­ler­wei­le welt­weit jede Toma­ten­zucht, außer in Austra­li­en, dort ist deren Ein­fuhr aus gutem Grund ver­bo­ten. (In Austra­li­en hat man ein­fach schon genug schlech­te Erfah­run­gen mit Tie­ren und Pflan­zen gemacht, die dort nie hei­misch waren. Man den­ke ja nur an den Buchs­baum­züns­ler, hier in Deutsch­land und man gewinnt ein Vor­stel­lung davon, wel­chen enor­men Scha­den selbst Schmet­ter­lin­ge anrich­ten, die ganz harm­los aus­se­hen und zudem auch noch recht klein sind.)

Vor- und Nachteile

Die Früch­te der Toma­ten­pflan­zen sind zahl­rei­cher und sol­len sogar bes­ser schmecken, wenn eine Hum­mel die Blü­ten bestäubt. Gleich­zei­tig wer­den die Betrei­ber die­ser rie­si­gen Gewächs­häu­ser gezwun­gen, weni­ger oder gar kei­ne Pesti­zi­de ein­zu­set­zen. Denn die Hum­meln wür­den sonst wohl unwei­ger­lich ihren Dienst ein­stel­len, ein­fach weil sie ster­ben wür­den. Das geht sogar so weit, dass die Pro­du­zen­ten zur natür­li­chen Schäd­lings­be­kämp­fung über­ge­gan­gen sind. Dazu set­zen sie Insek­ten ein, die die Tom­ten­schäd­lin­ge bekämp­fen. Für den Kon­su­men­ten eine gute Nachricht.

Hummel im Anflug.
Bild von kie-ker auf Pix­a­bay

Ande­rer­seits war es noch nie eine gute Idee, eine bestimm­te Spe­zi­es in alle Welt zu schicken, auch dahin, wo sie eigent­lich nicht vor­kommt. Denn auch, wenn die Völ­ker in Gewächs­häu­sern zum Ein­satz kom­men, ist es fast unmög­lich, dafür zu sor­gen, dass die Tie­re auch wirk­lich im Gewächs­haus blei­ben. Jedes Gewächs­haus besitzt Lüf­tungs­schlit­ze und auch Türen. Frü­her oder spä­ter wer­den die Hum­meln abhau­en und ver­su­chen, sich in ihrer neu­en Umge­bung anzu­sie­deln. Das kann erheb­li­che Kon­se­quen­zen für die hei­mi­sche Flo­ra und Fau­na haben. Beson­ders wenn man bedenkt, dass nicht nur die Hum­meln in fer­ne Län­der und Kon­ti­nen­te geschickt wer­den, son­dern mit ihnen, qua­si als blin­der Pas­sa­gier, auch zahl­rei­che Hum­mel­krank­hei­ten, die teil­wei­se auch Bie­nen befallen. 

Man braucht also für eine erfolg­rei­che Toma­ten­zucht nicht nur ein Dach, dass die Toma­ten vor all­zu viel Regen schützt, viel Son­ne, eine gute Erde und noch ande­re zahl­rei­che Vor­aus­set­zun­gen, son­dern am Besten auch noch Hum­meln, die für eine sach­ge­rech­te Bestäu­bung sorgen.

❧ Wir wün­schen Dir eine gemüt­li­che und schö­ne Zeit ❧

Vie­le lie­be Grüße

Loretta

Loret­ta: Fotos (soweit nicht anders gekennzeichnet)

13 Kommentare zu „Hummeln und Tomaten“

  1. Ja, es ist ver­rückt, was ihr da zu berich­ten wisst! Kein Wun­der, dass es so kom­pli­ziert ist, sind die Toma­ten ja auch „ein­ge­schleppt“ wor­den ( zum Glück, denn sie sind mein Lieblingsgemüse ).
    Gestern von Asia­ti­schen Spring­wür­mern gele­sen, die eine „Erde“ zurück­las­sen, die nähr­stoff­arm und damit recht unfrucht­bar ist, ganz im Gegen­satz zu den „Pro­duk­ten“ unse­rer hei­mi­schen Regen­wür­mer, die­sen segens­rei­chen Gar­ten­mit­be­woh­nern! In den USA hat man mit ihnen schon hef­tig zu kämp­fen. Da ist der Züns­ler ein ech­ter Hei­li­gen­kna­be dagegen.
    Habt einen schö­nen Altweibersommer!
    Astrid

  2. Super span­nen­der Arti­kel, Dan­ke­schön! Da schmecken die gekauf­ten Toma­ten gleich wie­der bes­ser. Die eige­ne Ern­te neigt sich näm­lich schon dem Ende und dort schei­nen die Hum­meln sehr flei­ßig gewe­sen zu sein. Wobei sie auch so schon zu mei­nen abso­lu­ten Gar­ten­lieb­lin­gen zäh­len und ich sie stun­den­lang im Laven­del beob­ach­ten könnte.
    LG
    Vanessa

    1. .Tina von Tinaspinkfriday

      Hal­lo ihr Beiden,
      das ist ja super inter­es­sant und natür­lich ist es immer schwie­rig, wenn sich die Tier­welt in Berei­che begibt in denen sie nicht vor­kommt. Vie­les wuss­te ich nicht über Toma­ten und Hum­meln. Wir haben ein­fach Toma­ten­pflan­zen und machen uns nicht viel Stress damit. Oft bekom­men wir mehr Toma­ten als gedacht.☺️
      Ich wün­sche euch ein wun­der­schö­nes Wochen­en­de, lie­be Grü­ße Tina

  3. Wie gut, dass die Hum­meln bei euch so flei­ßig waren und euch so eine tol­le Ern­te beschert haben. Hof­fen wir, dass unse­re Insek­ten uns als Bestäu­ber erhal­ten blei­ben, damit wir hier nicht auch irgend­wann den Pol­len von Hand mit dem Pin­sel ver­tei­len müs­sen. Dass die Toma­ten bes­ser schmecken, wenn eine Hum­mel am Werk war, bezweif­le ich allerdings …
    Lie­be Grü­ße und ein schö­nes Wochenende
    Susanna

  4. Guten Mor­gen, ihr Lieben.
    Euren Bei­trag muss ich mir nach­her noch ein zwei­tes Mal in Ruhe zu Gemü­te zie­hen. In einem mei­ner Posts, den ich nach­her noch ordent­lich ver­lin­ken wer­den, geht es auch um Toma­ten: https://mainzauber.de/2023/09/der-eisenholzbaum-ist-da. Aber auch um unse­ren neu­en Eisenholzbaum.
    Dar­über hin­aus habe ich euch aber gera­de einen ent­spann­ten Abend­spa­zier­gang über die Schwan­hei­mer Düne verlinkt.
    Ich wün­sche euch ein ange­neh­mes Wochenende.
    Herz­li­che Grü­ße – Elke

  5. Lie­be Loret­ta, lie­ber Wolfgang,
    zur Bestäu­bung der Toma­ten habe ich noch was anzu­fü­gen : die Hum­meln bei­ßen die Blü­ten an, um an die Pol­len zu gelan­gen, die dabei ent­ste­hen­den Vibra­tio­nen sor­gen für die Bestäu­bung inner­halb der Blü­te. Da Toma­ten Zwit­ter­blüt­ler sind, kön­nen sie sich selbst bestäu­ben. Dadurch, dass die Blü­te geschlos­sen bleibt, blei­ben die Nach­kömm­lin­ge Sor­ten­rein. Sel­ten kommt es vor, dass die Nar­be mal aus der Blü­te ragt und fremd­be­stäubt wird, sodass Kreu­zun­gen ent­ste­hen. So gele­sen in dem tol­len Toma­ten­buch von Frau Stu­der. ( Sehr zu empfehlen.)
    Was mich sehr wun­dert, ist, dass ihr die Toma­ten als schwie­rig beschreibt, bei uns sind sie völ­lig unkom­pli­ziert, samen sich auf dem Kom­post sogar selbst aus. Außer, dass sie natür­lich Wär­me brau­chen, wach­sen sie hier äußerst üppig. Wir haben nur alte Sor­ten, dün­gen mit Kom­post und Stein­mehl. Gegen Regen haben sie ein Schutzdach.
    Kann es an eue­rem Boden lie­gen ? Wir haben hier im Grund­stück auch eine Stel­le, an der alle Pflan­zen nur mickern und mit Krüp­pel­wuchs reagie­ren. Wer weiß, was unse­re Vor­be­sit­zer da ein­ge­gra­ben haben, der Hof wur­de frü­her land­wirt­schaft­lich genutzt, wir haben schon alles Mög­li­che ausgegraben.
    Ich wün­sche euch, dass ihr doch noch Glück mit den schö­nen Para­dies­äp­feln habt, es ist ein sol­cher Genuss, Toma­ten aus dem eige­nen Gar­ten zu ernten !
    Lie­be Grüße
    Inge

  6. Oh, super tol­le Hummelfotos!
    Mit Toma­ten war ich bis jetzt auch noch nie ganz so glück­lich. Sie wach­sen, sie gedei­hen, es sind auch jede Men­ge toll aus­se­hen­der Früch­te dran, aber das Aro­ma ist irgend­wie nicht bes­ser als bei denen aus dem Super­markt. Und auf mei­nem jet­zi­gen Bal­kon ist es für Toma­ten zu heiß — die kochen am Stängel. =/
    Trotz­dem werd ich’s vil­leicht näch­stes jahr wie­der ver­su­chen, weil die Span­nung immer so groß ist. 😀
    LG
    Centi

  7. Wun­der­bar und lehr­reich war die­ser Arti­kel für mich. Das Zusam­men­spiel der Hum­meln und Toma­ten kann­te ich nicht — wir haben kei­ne Toma­ten im Gar­ten — und freue mich des­halb über die schö­nen Fotos und den Wissensschub. :–)
    Einen lie­ben Sonntagsgruss,
    Brigitte

  8. Hal­lo­le,
    das war jetzt aber interessant.
    Naja, schwierig?
    Bei mir sicher­lich, aber wo ich schaue, über­all sind die schön­sten Toma­ten in den Gärten. 

    Bei man­chen Leu­ten scheint das nich kom­pli­ziert zus ein. Gera­de auch die Wein­berg­to­ma­ten wach­sen doch sehr gut.
    Ich hole mei­ne Toma­ten immer in Hoch­dorf, da wer­den sie aller­dings im Gewächs­haus gezüch­tet, super schmecken die und m.E. sind sie genau­so gut, wie Gartentomaten.

    Ist ein wenig wei­ter mit dem Auto zu fah­ren, aber es lohnt sich. Ich ver­bin­de das immer mit mei­nen Einkäufen.
    Nun wün­sche ich Euch ein fro­hes Wochen­en­de und genießt die spät­som­mer­li­chen Tag.
    Lie­be Grü­ße Eva

  9. Hal­lo,
    dan­ke für den tol­len Bericht über die Hum­meln. Die Fotos sind super. Aber wahr­schein­lich bear­bei­test Du sie mit einem Foto­pro­gramm. Ich wür­de das auch ger­ne mal ler­nen. Aber so man­che Ein­stel­lun­gen mei­ner Kame­ra sind mir immer noch fremd.….und wenn ich es mir erklä­ren las­se, dann ver­ges­se ich es spä­ter wie­der, auch weil ich es nicht rich­tig begrif­fen habe. Denn hät­te ich es rich­tig begrif­fen, wür­de ich es nicht ver­ges­sen. Und für Foto­be­ar­bei­tungs­pro­gram­me müss­te ich
    einen VHS Kurs besuchen.
    Ich bin auch etwas ver­wun­dert, dass ihr Toma­ten als schwie­ri­ge Frucht bezeich­net. Ich zie­he jedes Jahr Toma­ten im Gewächs­haus, pflan­ze sie Ende April. Die Erde besteht aus mei­ner eige­nen Kom­post­er­de. Beim Pflan­zen gebe ich noch Horn­spä­ne mit in das Pflanz­loch. Ich stel­le Ton­töp­fe an die Pflan­zen. Gie­ße aber auch um die Wur­zel her­um die ande­re Erde. Ich den­ke mir, so gebe ich den Wur­zeln einen Anreiz sich wei­ter aus­zu­brei­ten. Zudem habe ich im Gewächs­haus auch immer 3–5 Gur­ken­pflan­zen. Wegen der Bestäu­bung der Toma­ten­blü­ten soll man sie etwas bewe­gen — so mache ich es jedenfalls.
    In die­sem Jahr habe ich die Toma­ten­pflan­zen in einer ande­ren Gärt­ne­rei gekauft. Ob es dar­an lag, ich weiß es nicht. So eine gute Toma­ten und Gur­ken­ern­te wie in die­sem Jahr hat­te ich noch nie.
    LG Agnes

  10. sehr inter­es­sant ..
    ich habe nur 3 Toma­ten im Topf..
    sie haben kein Dach und müs­sen so klar kommen 😉
    dass man Hum­meln braucht wuß­te ich nicht
    lie­be Grüße
    Rosi

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